Sonntag, 19. Mai 2019

Ayame in Japan - Tag 9: Himeji- die Burg des weißen Reihers

Pünktlich um 08:00 sind wir abmarschbereit. Mit unseren Handgepäckskoffern bewaffnet warten wir bis es an der Türe läutet. Yoshimi hat uns angeboten uns zum Bahnhof zu bringen und nach mehrfacher, höflicher Ablehnung haben wir ihr Angebot schließlich doch angenommen. Es ist wirklich ein schmaler Grat, wann etwas unhöflich oder beleidigend ist.

Natürlich ist unsere Host super pünktlich. Wir fahren pärchenweise da wir nicht alle in das Auto passen. Wirklich sehr bequem und schnell kommen wir in Kyoto Station an. Als wir wieder vollzählig sind folgen viele "Bedankensverbeugungen" und mindestens genau so viele "Gute Reise" und "Hoffentlich bis bald" Verbeugungen. Der Abschied fällt uns tatsächlich schwerer als gedacht.

Nach kurzer Orientierung finden wir auch den Weg zu unserem Gleis. Wir haben noch ein wenig Zeit und es befindet sich auch ein Lokal in direkter Näher in der wir beschließen zu Frühstücken.
Hier bekommt Georg auch endlich seinen Siphon Kaffee, von dem er schon die ganze Zeit spricht.


Mit dem Schinkansen geht es schließlich nach Himeji. Die Zugfahrt dauert nicht wirklich lange. 1 1/2 Stunden später, sind wir auch schon am Zielort angekommen.


Ansich hätten wir auch von Kyoto einen Tagesausflug nach Himeji machen können, doch nachdem wir gerade mitten in der Golden Week, also den Hauptferien der Japaner, stecken, haben wir uns für einen Aufenthalt direkt in Himeji entschieden.
Hauptproblem: Himeji Castle hat pro Tag nur ein gewisses Ticketkontingent für Besucher. Einen Online Verkauf gibt es für diese Sehenswürdigkeit leider nicht, daher heißt es hier: "first come, first serve"
Außerdem möchten wir auch einen Tagesausflug nach Bizen, hier gibt es ein Schwertschmiede Museum, sowie nach Kurashiki machen.

Wir beschließen, unser Glück in Himeji Castle noch am selben Tag zu versuchen, doch zuerst wollen wir unser Gepäck in unsere Unterkunft für die nächsten 2 Wochen bringen. Außerdem sind wir tatsächlich sehr gespannt, auf das was uns nun erwartet.

Wir haben supergünstig ein Hotel gebucht, welches nur 5 Minuten von Himeji Castle entfernt ist, mit einem tollen Blick auf die Burg....ABER: es ist ein "Adult Only" Hotel mit dem klingenden Namen Tsukino Akari ...na gut...es war günstig....

Das Hotel liegt diskret in einer Seitengasse und genauso diskret ist der Eingang. Wir betreten also eine Art Vorzimmer, in welchem man sich sein Zimmer an einer großen Bildschirmwand aussuchen kann - man sieht sofort, welche Zimmer bereits gebucht sind und welche noch frei. Vermutlich drückt man dann auf den Knopf unter dem gewünschten Zimmerbild...und was dann passiert...keine Ahnung, denn für uns trifft das nicht zu.
Wir haben regulär über eine Buchungsseite reserviert, deswegen gibt es neben dem Lift auch ein Schild in dem wir die Info erhalten, dass wir in den 2ten Stock zur Rezeption fahren sollen....na dann. Der Lift ist natürlich so konzipiert, dass es unmöglich ist, hier mehr als 2 Leute hinein zu bekommen. - wirklich sehr amüsant.

Als wir also vollzählig im 2ten Stock stehen, bemerken wir einen zarten Blütenduft und Tische auf denen kleine Becher stehen mit buntem Zeug darin....wir werden später herausfinden was es damit auf sich hat, nun wollen wir unsere Koffer los werden. Wir läuten also an dem diskreten kleinen Glöckchen bei der Rezeption und schon kommt eine nette Dame auf uns zu. Wir halten ihr unsere Buchungsnummer hin und sie scheint total erfreut zu sein. Leider können wir auch hier erst ab 15:00 unsere Zimmer beziehen ( was ich superschräg finde, by the way...ich meine, es ist ein Stundenhotel!? o.O) aber wir können unsere Koffer da lassen. Diese werden sofort von ihr in eine Hinterkammer geschoben und verwahrt. Sie verweist noch auf einen Aufsteller mit einem Stadtplan, den wir gerne annehmen und schon fahren wir wieder pärchenweise nach unten.

Unser Weg führt uns natürlich zu Himeji Castle, berühmt aus Filmen wie: Shogun und natürlich ist auch James Bond hier schon herumgeturnt.

Wir betreten das riesige Areal durch ein großes Tor und stehen mitten in einer Parkanlage über der die Burg des weißen Reihers erhaben thront. Im Park selbst sitzen viele Familien und veranstalten ein Picknick, und ab und an läuft uns ein Samurai über den Weg, mit dem sich, bevorzugt Touristen, fotografieren lassen können.



Wir jedoch, gehen zielstrebig in Richtung Burg und schon bald stehen wir auch beim Ticketschalter und haben unsere Eintrittskarten in der Hand....das ging schneller und einfacher als erwartet.

Mit unseren Karten gehen wir den Weg weiter der zur Burg führt...ja und da ist sie: die Menschenschlagen die ansteht...Wartezeit; geschätzte 60 Minuten, steht auf dem Schild. Ich komme mir vor wie in einem Vergnügungspark. In Serpentinen-Reihen geht es schrittweise weiter. Was sich allerdings wie der blanke Horror anhört, ist in Wirklichkeit eigentlich recht kurzweilig, da immer wieder etwas Neues zu sehen ist, man in aller Ruhe, sich die imposanten Mauern ansehen kann wie auch die großen Tore, an denen es tatsächlich nicht zu wenige gibt, und man versteht, warum es derart schwer war, diese Festung einzunehmen.


Endlich ist der Eingang zur Burg in Sicht und ja...ihr ahnt es vermutlich...auch hier müssen wir unsere Schuhe ausziehen. Diesmal tragen wir diese allerdings in Sackerl durch die Gegend, und schon geht es im Gänsemarsch durch die Burg.

Nun, so wirklich viel Zeit sich genauer umzusehen ist nicht gegeben, wir werden tatsächlich in einer Reihe durchgelotst, und das zeiht sich durch alle 5 Stockwerke.
Ja auch das scheint schier grauenvoll zu sein, nüchtern betrachtet muss man allerdings sagen, dass es in der Burg selbst nicht wirklich viele Dinge gibt, die eines längeren Aufenthalts bedürfen. Der 5te Stock ist der engste Raum, deswegen wird man hier nur in kleinen Gruppen hochgelassen. Hier drängen sich alle an die Fenster um einen spektakulären Blick mit den berühmten Dachschmuck der Burg über den Park, den anschließenden Garten, sowie Himeji Stadt zu erhaschen.
Des weiteren erwartet einem ein Schrein im obersten Zimmer, der schon vor dem Bau der Burg auf der Bergspitze stand, und lediglich in die Burg versetzt wurde.


Nach so viel Kultur darf es auch mal wieder etwas Kulinarik sein, und wie der Zufall so will, befindet sich genau gegenüber Himeji Castle ein Platz an dem sich ein Street Food Stand an den nächsten reiht. Also rein ins Vergnügen! Wir probieren Karaage, Okonomiyaki, Käse frittiert am Spieß, irgendetwas das offenbar etwas ähnliches wie mit Käse gefüllte Wan Tans sind, Chicken Gyoza wie aus dem Anime Shokugeki no Soma, frittierte Honigkügelchen und Eiscreme.

Nachdem wir uns bei der Burg eine Kombi-Eintrittskarte auch für den Koko-en Garten gekauft haben, führt uns unser weiterer Weg in den Garten im Edo-Stil und was uns dort erwartet macht mich sprachlos. Er ist wunderschön und jeder Blick ein Fotomotiv wie aus dem Bilderbuch. Ich bin hin und hergerissen. Zudem findet eine Ausstellung an Miniaturkimonos statt, die ich sehr beeindruckend finde.


In dem Garten spricht uns ein Fotograf an und zeigt uns, wo man die schönsten Motive schießen kann. Taro Starbuck ist ist der offizielle Fotograf des Koko-en Garten und wir kommen mit ihm ins Gespräch. Er ist Amerikaner und lebt seit einigen Jahren in Japan. Auf unsere Bitte hin uns gute Restaurants zu empfehlen kringelt er allerhand auf unserem Stadtplan ein und erwähnt ein "Ninja Kaffee" welches gleich vor dem Garten ist und offenbar immer offen hat.
Wir bedanken uns für die nette Unterhaltung und nachdem es empfindlich kühl geworden ist, wollen wir diesem Kaffee einen Besuch abstatten.

Dieses ist auch schnell gefunden:
Chadokoro Chisen
Adresse: 〒670-0012, 68-100 Honmachi, Himeji, Hyogo 670-0012, Japan


Nachdem wir Platz genommen haben und mehr auffällig, als unauffällig Taros Visitenkarte auf den Tisch legen, geht der Spaß auch schon los...man kennt Taro hier offenbar :P

Es beginnt mit einem Holzkistchen in dem sich Shuriken befinden, zur näheren Ansicht, gefolgt von einem Ninja Schwert und dann "dürfen" wir uns auch noch als Ninja verkleiden....also in Wahrheit gibt es hier keine Option...man hat sich als Ninja zu verkleiden....und als brave Gaijin machen wir das auch. 
Mit Matcha Latte und Kaffee wärmen wir uns aber in erster Linie wieder auf. Nun ist auch Zeit den Plan für den kommenden Tag aufzustellen und wir stellen mit Schrecken fest, dass zum einen die Schwertschmiede in Bizen Montags geschlossen hat und zum anderen, dass strömender Regen in Kurashiki angesagt ist, und die Chancen auf halbwegs trockenes Wetter in Himeji besser stehen.
Schweren Herzens beschließen wir einen weiteren Punkt auf unserer Liste zu streichen und werden den Tag in Himeji verbringen. 

Nun ist es allerdings an der Zeit, unsere Zimmer zu begutachten, also wieder zurück in unser diskretes Hotel, mit dem diskreten Aufzug in den 2ten Stock und das diskrete Glöckchen geklingelt und schon ist wieder die nette Dame da. Mithilfe Google Translate, was wiedermal großartig funktioniert, checken wir schließlich ein und erhalten unsere Schlüssel für unsere Zimmer im 3ten Stock. Mit dem Lift geht es also nach oben. Unser Zimmer ist schnell gefunden und sperren dieses auf. Wir stehen schon wieder in einem kleinen Vorraum mit 2 Türen: eine führt ins Badezimmer, die andere ins Schlafzimmer- aus welchem Stimmen zu hören sind! nach einem kurzen panischen Anfall offen ich öffne ich doch die Türe und stelle erleichtert fest, dass es sich dabei um den Fernseher handelt der unglaublich laut aufgedreht ist. Wie peinlich wäre es gewesen, jemanden bei seinem privaten Vergnügen zu ertappen. *hüstel*

Nun, da wir dieses Thema geklärt hätten zu einem anderen wichtigen Punkt:....Love Hotels und Ihre Eigenarten was Türen anbelangt: Sobald diese von innen ins Schloss fallen, seid ihr nämlich eingesperrt ohne eine Möglichkeit den Schlüssel innen zu benutzen. Ja, das passiert tatsächlich genau so. Warum das so ist, kann ich wirklich nicht mal erahnen, doch ich hatte im Vorfeld ein Video über genau diese Thematik gesehen und war vorbereitet. Leider hat das Video nicht verraten wie man wieder heraus kommt, daher bin ich im Zimmer geblieben und mein Mann hat die freundliche Rezeptionistin gefragt wie dies zu entsperren ist und die Lösung ist ziemlich simpel: Natürlich hat das Zimmer nicht nur einen Schlüssel, sondern auch eine Steckkarte, die allerdings schon bei Betreten des selben an ihrem Platz ist. Sobald man diese entfernt ist auch die Stromzufuhr, wie in jedem anderen Hotel auch, unterbrochen und das Schloss entriegelt sich ;)

Wir teilen dieses Wissen natürlich auch mit unseren Freunden. Immerhin wollen wir uns um 18:00 wieder unten treffen.

Das Zimmer selbst ist sehr großräumig mit einem großen Bett. Wir haben tatsächlich ein Fenster mit Blick auf Himeji Castle ( wohlgemerkt sind Fenster eine Seltenheit in Love Hotels..wegen der Privatsphäre wäre es gewesen...). Im Nebenraum befindet sich ein sehr großes Bad mit Jakuzzi...ja, das ist schon fein ^^
Da es hier keine reinen Nichtraucherzimmer gibt, hängt leider der schwerer Geruch von Nikotin in der Luft, doch zum Glück lässt sich das Fenster auch öffnen und so ist es erträglich.

Nach der kleinen Ruhepause ist es mal wieder an der Zeit ein nettes Lokal für das Abendessen zu suchen. Wie überall anders auch, gibt es auch hier mehrere überdachte Einkaufsstraßen mit Restaurants und netten Geschäften, doch zunächst irrt man überall orientierungslos umher. Diesmal scheint es uns sehr schwer zu fallen ein passendes Lokal zu finden und der Hunger wird immer größer. Schließlich fällt unsere Entscheidung auf ein Udon Lokal.

Schon bald merken wir, dass dies nicht die beste Entscheidung des Tages war. Wir befinden uns in einer Art Kantinen Einrichtung wieder und geschmacklich ist diese Beschreibung ebenfalls zutreffend. Eine wahre Enttäuschung nach all den Köstlichkeiten der letzten Tage gepaart mit der unfreiwilligen Planänderung....wir sind Essensfrustriert und streifen nach diesem unbefriedigenden Dinner durch die Gassen Himejis auf der Suche nach einem Lokal mit Sake.

Plötzlich vernehmen wir geselliges Lachen und Musik.... als wir um die Ecke biegen finden wir uns in einer kleinen Gasse wieder in der sich ein kleines Lokal an das nächste reiht. Wir schlendern hier durch und bleiben bei einer Bar hängen in der noch ein paar Plätze frei sind.

Wir werden herein gebeten und nehmen diese Einladung gerne an. Bald darauf stellen wir fest, dass wir in einer Thai Bar gelandet sind, aber sie haben Sake und damit sind wir eigentlich schon zufrieden....oder auch nicht, denn irgendwie haben wir das Verlangen dieses furchtbare Udon Erlebnis wieder los zu werden und in der Karte gibt es viele einladende Snacks. Und so beginnt der Anfang vom Ende...wir beschließen dass das Udon Debakel niemals statt gefunden hat ( ich meinte:...welches Udon Debakel?). Mit feurig-süßen Edamame, etlichen Nussmix Schälchen, unglaublich guten Rinderspießen vom Grill, Kokosmilch mit Tapiokia Perlen und Kokoseis, thailändischem Whisky ( der angeblich erstaunlich gut war) etlichen Bieren, Sake, Cocktails die ich nicht zuordnen kann aber echt lecker waren, hat der Abend dann doch noch ein großartiges Ende gefunden.

Nicht zuletzt bleibt der nette Kellner zu erwähnen, der sich so sehr gefreut hat mit uns Englisch reden zu können, der Koch, der unfassbar gechillt wahre Meisterleistung vollbracht hat, die Kellnerin die sich so sehr gereut hat als wir ihre persönliche Getränke-Empfehlung angenommen haben und die zwei japanischen Damen, die unserem Freund beim Schnorrversuch tatsächlich eine Zigarette abgegeben haben.


Mehr als gut gelaunt und zufrieden schlendern wir schließlich wieder zurück zu unserem Hotel und lassen uns überraschen, was der morgige Tag so bringen mag.





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